Handbuch Lkw-Parken

Ein Leitfaden für die Schaffung von Lkw-Parkplätzen

Parlamentarisches Frühstück am 17.1.2024 zum Thema LKW-Parken

An bundesdeutschen Autobahnen fehlen tausende LKW-Parkstände. Das Problem ist bekannt, aber das Defizit wird nicht kleiner, sondern von Jahr zu Jahr größer.

Für das kurzfristige Schaffen von LKW-Stellplätzen reichen die konventionellen Ansätze – jetzt der Autobahn GmbH (AdB) – bei weitem nicht aus. Nur durch effizientere Nutzung der vorhandenen Flächen und vorhandener Infrastruktur, insbesondere auf bestehenden Anlagen, aber auch auf geplanten oder im Bau befindlichen Anlagen ist kurzfristig wirksame Entlastung möglich. Hierzu haben ein kleiner Kreis innovativer Unternehmen in den letzten 20 Jahren Ressourcen schonende, digitale Parkverfahren entwickelt, wie das Telematisch gesteuerte LKW-Kolonnenparken. Diese sind längst praxistauglich, auf einem hohen technischen Stand und sofort einsetzbar, was grundsätzlich beim BMDV und der AdB unstrittig ist. Aber an der Umsetzung hapert es.

Andere intelligente Lösungen wie das Sharing-System der KRAVAG TRUCK PARKING sind hinzu gekommen und ebenso Erfolg versprechend. Auch hier wird durch die Nutzung vorhandener Fläche und vorhandener Infrastruktur mittels einer digitalen Plattform eine effiziente Lösung geschaffen.

Dr. Klaus Manns und Karsten Schulze
Dr. Klaus Manns und Karsten Schulze

Für den ADAC ist die Parkplatzsituation, wie für uns alle, eine wichtige Frage der Verkehrssicherheit wie auch der Arbeitsbedingungen im Güterkraftverkehrsgewerbe und damit der Versorgungssicherheit im Land. Am Rande des Gespräches regte ADAC-Technikpräsident Karsten Schulze die Entwicklung eines neuen, modernen Masterplanes an, der prioritär auf Digitalisierung und Flächeneffizienz setzt. Hieran müssen sich, wie Kollegin Anja Ludwig von der KRAVAG richtig anmerkt, alle Stakeholder beteiligen können, gerade auch die mit dem Thema vertrauten private Unternehmen.

Einige grundsätzliche Überlegungen hierzu möchte ich an dieser Stelle schon beitragen:

Ansatz 1: Bedarfsreduzierung/-drosselung

Zur Reduzierung des zukünftigen Bedarfes von Stellplätzen im öffentlichen Straßenraum sollten ausreichende Übernachtungsparkstände für be- und entladende Lkw beim Verlader auf dem Gelände vorgesehen werden. Das könnte sofort schon freiwillig geschehen (Branchen-Image, Pro-FahrerInnen-Image), dies muss zukünftig auch ordnungsrechtlich geregelt werden.

Wichtig sind „freie“ Lkw-Stellplätze, „saubere“ Toiletten und Duschen, „einfache, preiswerte“ Versorgung (Getränke-/Snackautomaten).

Förderung der Mehrkosten wäre sinnvoll.

Ansatz 2: Flächeneffizienz durch Mischnutzung und Verdichtung (Kolonnenparken)

Hierunter sind in erster Linie Umnutzungen mittels besonderer Parkverfahren zu sehen, insbesondere Telematisch gesteuertes Lkw-Kolonnenparken mit all seinen Vorteilen im Hinblick auf schnelle Umsetzung, Vermeidung von Versiegelung, geringer Flächenverbrauch. Das gilt sowohl für Rastanlagen als auch für Autohöfe und Logistikflächen. Die Praxistauglichkeit ist vielfach evaluiert, mehr als acht Anlagen sind in Betrieb und erweisen sich tagtäglich als zuverlässig verfügbar. Der Kapazitäts-Gewinn liegt bei diesen Anlagen bei über 60 %.

Der Kapazitätsgewinn durch telematische Anlagen muss durch SteP gefördert werden.

Ansatz 3: Flächen-/Nutzeneffizienz bei Ausbau/Neubau/Erweiterung

Unter Ausbau wird ein vorhandener Parkplatz verstanden, der um weitere konventionelle Parkstände erweitert wird oder der Neubau einer LKW-Parkanlage in konventioneller Bauweise an einem neuen Standort. Hierfür werden seitens der AdB sehr viele Planungen betrieben, deren Fortschritt aber sehr schleppend vorangeht oder in vielen Fällen gar nicht umsetzbar sind. Dieser Weg alleine führt – wie sich es zeigt – nicht zum Ziel, bindet aber große Resourcen, Geld und Personal, das wirkungsvoller eingesetzt werden könnte. Deshalb sollten nur diejenigen Planungen verfolgt werden, deren Umsetzung überhaupt und in absehbarer Zeit zu erwarten ist.

Bei allen Planungen ist zu prüfen, gleichzeitig mit einer konventionellen Erweiterung auch die Verdichtung mit telematischem Lkw-Parken und gegebenenfalls auch Mischnutzungsysteme einzusetzen. Entsprechende Anpassungen der Ausführungspläne sind bis kurz vor Baubeginn möglich.

Ansatz 4: Digitale LKW-Park-Managementsysteme (KRAVAG Sharing System)

Zuerst ist hier das Parkplatzsharing von KRAVAG Truck Parking zu nennen, wo Parkstände auf Betriebsflächen der teilnehmenden Transportunternehmen, die wochentags frei sind, für das Parken durch Fahrzeuge von anderen Unternehmen über eine App gebucht werden können. Eine intelligente, sehr wirtschaftliche und nachhaltige Lösung, die die Digitalisierung möglich macht. Auch hier sollten die Standards sehr niedrig gehalten werden.

Auch weitere Ansätze aus dem Bereich Reservierung und Sicherheitsparken können wertvolle Beiträge leisten, beispielhaft seien Park Your Truck und Bosch Secure Truck Parking genannt.

Ansatz 5: Moderne Parkleitsysteme (Interne und externe PLS)

Zu unterscheiden sind interne und externe Parkleitsysteme (PLS).

Das externe Parkleitsystem oder Netzsystem zeigt freie und belegte Lkw-Parkplatzanlagen entlang der Streckenzüge des (gesamten) Autobahnnetzes an (Netzweites PLS) oder darüber hinaus das ganze Lkw-Parkplatz-Netz. Unter Umständen könnte hierfür die aktuelle Belegungs-Ermittlung unter Nutzung von fahrzeugseitigen Onboard Units erfolgen.

Das interne Parkleitsystem zeigt gerade auf den großen Anlagen konkret den Weg von der Einfahrt zum nächsten freien Stellplatz bzw. zum nächsten geeigneten Parkstand. Hierzu ist eine Stellplatz genaue Detektion erforderlich, wie sie mit Systemen wie AreaDetektion erreicht wird. Sie ist auch bei großen konventionellen Anlagen schon jetzt sinnvoll. Bei telematischen Anlagen sind sie Bestandteil des Systems.

So weit meine ersten Anregungen. Das große bestehende Defizit an LKW-Stellplätzen wird weiter wachsen, weil die Widerstände gegen konventionelle Erweiterungen, die damit verbundenen Eingriffe in Natur und Landschaft und der große Flächenverbrauch, zunehmen werden.

Hinzukommt eine wachsende Flächenkonkurrenz durch die Errichtung von neuen Tank- und Lade-Einrichtungen (Kraftstoffe, Gas, Wasserstoff, Ladesäulen).

Wir müssen umdenken, wir müssen endlich die zur Verfügung stehenden Flächen so effizient wie möglich nutzen und alle technischen, organisatorischen, digitalen Möglichkeiten dazu einsetzen.

Im Anbetracht der Größe und der Bedeutung der Aufgabe müssen auch alle an diesem Thema interessierten gesellschaftlichen Gruppen intensiv zusammen arbeiten, eine konzertierte Aktion „Lkw-Parken“ bilden. Durchaus auch von der freien Wirtschaft und den Verbänden getrieben.

Ein gemeinsamer Vorschlag der interessierten Stakeholder für einen modernen Masterplan Lkw-Parken wäre ein guter Anfang, um dem Problem insgesamt eine positive Wendung zu geben.

Das parlamentarische Frühstück am 17.1.2024 war hoffentlich ein guter Schritt in diese Richtung.


Lkw-Parkplätze – endlich Fortschritte erzielen!

Einleitung

Heute fehlen mindestens 23.300 Stellplätze – sagt das Bundesverkehrsministerium (BMDV). Die Vereinigung deutscher Autohöfe (VEDA) oder der Berufsverband Güterkraftverkehr, Logistik und Entsorgung (BGL) sprechen von 30.000 oder 40.000 Plätzen. Der konventionelle Neubau der Stellplätze kann mit dieser Entwicklung nicht mithalten.

Modernes, resourcenschonendes Lkw-Parken ist dringend geboten. Weniger Flächenverbrauch, weniger Versiegelung, weniger Kosten, mehr Stellplätze in kürzerer Zeit, das muß das Ziel sein.

Digitalisierung, neueste technische Möglichkeiten, zeitgemäße, aktuelle Standards sowie innovative, kreative planerische und betriebliche Ansätze für eine effiziente Nutzung der vorhandenen Flächen und Infrastruktur müssen – auch aus Gründen der Nachhaltigkeit – für die Schaffung zusätzlicher Stellplätze genutzt werden.

Diese Website wird sich mit Grundlagen und Beispielen aus der Praxis den Möglichkeiten und Potentialen durch eine progressive, pragmatische Vorgehensweise widmen.

Hinweis

Ziel des Autors/der Autoren ist es primär, schnell zu weiterhelfenden Ausführungen für die Anwendung in der Praxis  zu kommen – und nur sekundär dem Anspruch wissenschaftlicher Arbeit zu genügen. Quellen werden deshalb nur allgemein angegeben und sollen erst später in einem detaillierten Verzeichnis aufgeführt werden.

Großer Wert wird auf die Validierung der Ausführungen durch die Nutzer in der Praxis, durch LKW-Fahrer und durch Spediteure gelegt.

Ausgangssituation

Schon um 2000 war zu erkennen, dass das Lkw-Parken an Autobahnen in Deutschland zu einem Problem wird. Beobachtungen und Untersuchungen haben ergeben, dass bereits damals ein Defizit bestand. Dabei fiel auf, dass während des Tages ausreichend Lkw-Stellplätze vorhanden waren, im Gegenteil sogar viele Stellplätze frei blieben, nachts aber gravierend zu wenig.

Der Grund hierfür liegt in erster Linie in der Lenk- und Ruhezeit-Verordnung, die am Tage Lenkzeitunterbrechungen von 15 Minuten, 30 Minuten oder 45 Minuten vorschreiben. Daraus ergeben sich kurze Belegungszeiten für die vorhandenen Parkstände, so dass früher wie heute ausreichend Stellplätze zur Verfügung stehen.

Nachts betragen die vorgeschriebenen Ruhezeiten mindestens 9 oder 11 Stunden. D.h. die Parkstände sind durch ein parkendes Fahrzeug für diese lange Zeit blockiert. Deshalb reichen die Parkstände nachts bei weitem nicht aus.

Für Pkw gelten keine Lenk- und Ruhezeit-Vorschriften. Längere Aufenthalte, zum Beispiel zum Pausieren oder Tanken können schon einmal eine Stunde und mehr dauern. Meist sind die Aufenthalte aber kürzer, so dass ein größerer Umschlag gewährleistet ist. Nachts wird von Pkw-Fahrern in der Regel nur sehr kurz geparkt.

Der Autor leitete schon damals aus seinen Beobachtungen zwei wesentliche Erkenntnisse ab:

  1. Der bereits vorhandene Parkplatzmangel wird sich zukünftig verschärfen, wenn nicht sofort Gegenmaßnahmen ergriffen werden.
  2. Konventionelle bauliche Maßnahmen allein werden nicht ausreichen. Die vorhandenen Potenziale an Flächen und Infrastruktur müssen effizienter genutzt werden, vorzugsweise durch Mischnutzung und Kolonnenparken (TGL)

Mischnutzung

Selbst am Tage sind die Pkw-Stellplätze seltenst voll ausgenutzt, nachts sind sie nur in geringem Maße belegt. Annähernd voll belegt sind sie eigentlich nur an Hauptreisetagen, wie z.B. an Ostern und an Weihnachten. 

Um eine effizientere Nutzung der Flächen zu erzielen, liegt die Überlegung einer Mischnutzung nahe. Flächen, die am Tag für den Pkw vorgesehen sind, können nachts für den LKW genutzt werden. Was heute faktisch bereits häufig geschieht. Von vorne herein planerisch und betrieblich so vorgesehen, wird die Flächennutzung geordnet und optimiert.

Das folgende Bild zeigt ein gut funktionierendes Beispiel aus der TR Hunsrück West, 2008 vom Autor entwickelt.

Abb. tags/nachts

LKW-Kolonnenparken

Der Lkw-Parkstand hat eine Fläche von ungefähr 80 m². Mit Fahrgassen und sonstigen Erschließungsflächen kann man mit circa 150 bis 200 m² pro Stellplatz rechnen. Der Flächenverbrauch für die Nachtruhe der LKW-Fahrer (über 9 oder 11 Stunden) ist somit gewaltig. Insofern liegt die Überlegung nahe, durch effizientere Nutzung den Flächenverbrauch und damit auch die erforderliche Versiegelung gering zu halten.

Schon aus dem Studium war dem Autor bekannt, dass Kolonnenparken die effizienteste Art der Flächennutzung beim Parken darstellt. Seine Beobachtungen auf Fähren bestätigten dies, weil dort die Flächenausnutzung optimal sein muß.

Beim Kolonnenparken stehen LKW entsprechend ihrer Abfahrtszeit und Länge sortiert in Reihen hintereinander. Die Reihen können kurz oder lang sein. Viele der bisherigen Anlagen sind in 3er- Reihen ausgeführt, die neueren Anlagen tendieren zu vier und mehr, weil dadurch das Potenzial der Park-Reihe und damit der gesamten Parkierungsanlage weiter erhöht wird. Aber auch schon 2er-Reihen machen vielfach Sinn.

Beim Telematisch gesteuerten Lkw-Kolonnenparken (TGL) gibt der Fahrer bei Ankunft an einem Terminal seine gewünschte Parkzeit ein. Das System ermittelt daraus die gewünschte Abfahrtszeit. Die Länge des Fahrzeugs wird vermessen. Das System sucht dann in den Parkreihen einen Stellplatz vorne oder hinter bereits geparkten Fahrzeugen, die früher abfahren, so dass der einparkende LKW bei der Abfahrt nicht behindert wird. Das TGL wurde bereits im Jahre 2003 erfunden.

Das nachfolgende Bild zeigt die voll belegte Anlage Taunusblick.

Abb. Scan-Foto Taunusblick

Zwischenzeitig (2023) sind acht Anlagen in Betrieb ( Dänemark (Ustrub Ost), Hamburg (Moorfleet), Kassel (Lohfeldener Rüssel), Luxemburg (Aire de Berchem), Kiefersfelden (Inntal West), Frankfurt (Taunusblick), TR Montabaur, Autohof Dorfmark. Der Kapazitätsgewinn liegt bei etwa 90 %.

Zwei weitere Anlagen sind im Bau. Bei allen hat der Autor zumindest in der Vorplanung mitgewirkt und verfügt so über weitreichende Kenntnisse und praktische Erfahrung.

Der guten Ordnung halber sei erwähnt, dass die BASt im Jahre 2011 ein abgewandeltes Steuerungsverfahren für das Kolonnenparken (Parken in Reihen) entworfen hat, Telematisch gesteuertes Kompaktparken genannt, was bisher aber nur auf einer Anlage eingesetzt ist.

Unabhängig vom Namen (Kolonnenparken oder Kompaktparken) ist das Parken in Reihen in der Regel günstiger als das Parken in starren, rechteckig abgegrenzten Parkständen, weil die Reihen aufgrund der variierenden tatsächlichen Fahrzeuglängen flexibel und optimiert gefüllt werden können. Die unbehinderte Ausfahrt kann durch entsprechende Steuerung/Führung/Regelung sichergestellt werden.

Hierzu können einfache Markierung und Beschilderung oder manuelle Organisation ebenso dienen wie bis ins Detail ausgearbeitete und ausgefeilte vollautomatische technische Lösungen.

Stand der Technik und Regelwerk

Moderne digitale Lkw-Parkverfahren stehen nicht im Widerspruch zur ERS

Das bestehende Regelwerk, die Empfehlungen für Rastanlagen an Straßen (ERS), spiegelt nicht den aktuellen Wissensstand und den Stand der Technik im Hinblick auf Digitalisierung, Telematische Parkverfahren, Detektion und andere technologische Entwicklungen wieder.

Es besteht dringender Handlungsbedarf für eine Fortschreibung. Der AK Rastanlagen der Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen (FGSV) ist sich zur Zeit (2023) neu am Finden. Nach Jahren der Vakanz ist jetzt zwar wieder eine neue Leitung vorhanden. Kurzfristig werden aber von Insidern noch keine die Praxis unterstützende Ergebnisse erwartet.

Viele nach wie vor richtige Anforderungen, Vorgaben, Standards und Regelfälle dürfen nicht davon abhalten, das Regelwerk kritisch zu hinterfragen und an die modernen Entwicklungen in Bezug auf Technologie, Betriebsformen, Infrastruktur- und Nutzeranforderungen anzupassen. Häufig dienen sie in unserer Technokratie als Schild zur Abwehr von Veränderungen. Damit muß Schluß sein.

Tatsächlich öffnet die ERS selbst in Abschnitt 9.2 Parkraummanagement den Rahmen für neue, moderne Lösungsansätze, hier heißt es:

„Zur besseren Ausnutzung des vorhandenen Parkraums können sowohl planerische Lösungen für eine effektivere Aufstellung der Fahrzeuge (zum Beispiel Mischnutzung von Parkständen, Fahrzeugaufstellung für LKW mit gefangenen Parkständen) als auch telematikgestützte Lösungen (zum Beispiel Information über freie Kapazitäten für Lkw) zur Anwendung kommen.

Ob und inwieweit diese Systeme künftig vermehrt eingesetzt werden, wird maßgebend von den Ergebnissen derzeit laufende Pilotprojekte abhängen.“

Eine Vielzahl solcher Pilotprojekte sind zwischenzeitlich abgeschlossen, ohne eine entsprechende Berücksichtigung im Regelwerkes. Zum Beispiel sind insgesamt zehn Projekte „Telematisches Lkw-Parken“ bereits im Normalbetrieb, konkrete diesbezügliche Hinweise im deutschen Regelwerk und Empfehlungen für Standortkonzepte, Entwürfe, Gestaltung und Ausstattung fehlen aber.

Von den Allgemeinen Rundschreiben Straßenbau des BMDV (ARS) beziehen sich ARS 17/2021, das Rundschreiben vom 13.7.2017, ARS 07/2019 und das Rundschreiben vom 24.5.2017 auf die Lkw-Parksituation auf Rastanlagen. Zum einen wird auf technische Randbedingungen hingewiesen, die beim Einsatz telematischer Parkverfahren zu beachten sind, weiterhin wird Bezug genommen auf die Wirtschaftlichkeitsbewertung und darauf, dass der Einsatz von telematischen Parkverfahren oftmals örtlich angepasste Individuallösungen bedingen und deshalb alle Entwürfe mit telematischen Parkverfahren dem Bundesverkehrsministerium (jetzt BMDV) zur Abstimmung vorzulegen sind.

Aus Sicht des Autors eine zwar gut gemeinte, aber letztendlich doch nur weitere bürokratische Hürde, die die Sache nicht voran bringt. Denn es fehlt in diesem Kontext vor allem an einer fachlichen Kompetenz, die in der Lage ist, die Situation vor Ort praxisgerecht einzuschätzen, die neuen, innovativen Erkenntnisse, die dynamische technologische Entwicklung, die an praktischen Beispielen gewonnenen Erfahrungen zusammen zu tragen, den Stand der Technik permanent fortzuschreiben, die entsprechenden Regeln zu empfehlen.

Die ERS bietet schon jetzt im Hinblick auf die bessere Ausnutzung des vorhandenen Parkraumes für alle Akteure, insbesondere die handelnden Planerinnen und Planer, ausreichend Spielraum, verantwortungsvolle, sichere, nachhaltige Planungen für digitale Lkw-Parkverfahren zu verfolgen.

Parkreihen statt Einzelparkstände

Flächeneffizienz durch Lkw-Parken in Reihen (Kolonnenparken)

Ressourcenschonendes Lkw-Parken funktioniert in Reihen (Kolonnenparken) – das zeigen immer mehr Beispiele aus der Praxis. Die Vorteile: weniger Flächenverbrauch, weniger Versiegelung, weniger Kosten, mehr Parkplätze. Parkreihen haben eine Mindestlänge von zwei Fahrzeugen hintereinander; drei, vier und mehr Fahrzeuge hintereinander sind möglich und vergrößern das Potenzial enorm. Dies ist inzwischen politisch und fachlich unbestritten.

Die Parklänge für das einzelne Fahrzeug in Parkreihen ist individuell und nicht mehr konstant und entspricht der Länge des jeweils parkenden Fahrzeugs plus einem Zuschlag für den Abstand zum Vordermann, z.B. für einen Sattelzug 16,50 m + 1,50 m Zuschlag. Häufig wird 1,00 m als ausreichend angesehen. Der Verfasser plädiert für 1,50 m. 

Das Regelwerk muss hier dringend angepasst werden. Dies dauert jedoch in Deutschland zu lange. Es wird daher empfohlen, dass die Betreiber von Lkw-Parkplätzen pragmatische eigene Wege gehen, um sofort Parkstandsreihen für das Kolonnenparken zu nutzen. 

„Parkstandsreihen“ sind (noch) kein offizielles Gestaltungselement in den aktuellen deutschen Regelwerken für das Parken und werden auch in der Fachliteratur bisher kaum erwähnt, obwohl ihre Vorteile spätestens seit der Erfindung des telematisch gesteuerten Lkw-Kolonnenparkens (TGL) im Jahr 2003 bekannt sind.

Sowohl das Kolonnenparken als auch die generelle Nutzung von Parkreihen anstelle von Einzelparkplätzen fallen leider immer wieder einem altbekannten deutschen Phänomen zum Opfer, nämlich dem Festhalten an bestehenden Normen, die unkritisch angewendet werden, den bürokratischen und verkrusteten Strukturen, deren Trägheit und teilweiser Arroganz. Eine kontinuierliche Weiterentwicklung, die moderne Anforderungen und Chancen aufgreift, die technologischen Fortschritt, Innovation und Digitalisierung nutzt, wird verdrängt, verzögert oder ganz verhindert. Damit werden große Potenziale verschenkt oder – schlimmer noch – brennende aktuelle Probleme nicht gelöst. Nachhaltigkeit und Digitalisierung werden ausgebremst.

Wer heute im Bereich des Lkw-Parkens pragmatische, fortschrittliche Lösungen nicht zulässt, weil sie nicht den Regelwerken, also den ERS oder EAR, entsprechen, sollte dies begründen müssen, denn gerade die ERS spiegeln in vielen Bereichen längst nicht mehr den Stand der Technik wider.

Zunächst ist festzuhalten, dass es sich bei den ERS garnicht um eine Richtlinie (R1) im Sinne der Kategorisierung der Forschungsgesellschaft handelt, sondern um eine Empfehlung (R2). Der Inhalt stammt im Wesentlichen aus der VHRR, also Ende der 90er/Anfang der 2000er Jahre. Auch die neue EAR 23 ist eine Empfehlung (R).

Bis Ende der 90er Jahre war der Parkstand als alleiniges Planungselement für das Abstellen eines Fahrzeugs auf einer Parkfläche in den Richtlinien für den ruhenden Verkehr sicherlich richtig. Demnach ist ein Parkstand ein abgegrenzter Teil einer öffentlichen Verkehrsfläche, der dem Abstellen genau eines Straßenfahrzeuges dient. Ausgehend von dem nach wie vor gültigen

Bemessungsfahrzeug betragen die Abmessungen des Lkw-Parkstandes in den
ERS und EAR 23  22,00 m (Länge) und 3,50 m (Breite).

Das Kollektiv der nachts auf Rastanlagen und Autohöfen abgestellten Lkw besteht jedoch nur zu einem geringen Teil aus Gliederzügen mit einer Länge von 18,75 m oder längeren Fahrzeugen. Am stärksten vertreten sind Sattelzüge mit einer Länge von 16,50 m, oft weit über 80 %. Etwa 10 % sind kürzere Fahrzeuge, z. B. Solofahrzeuge mit ca. 10 m Länge, und nur etwa 10 % sind länger. Somit werden bei einer Parkstandslänge von 22,00 m regelmäßig mehrere Meter Länge bzw. Fläche verschenkt.

Abmessungen der Lkw-Parkstände (ERS)

Abbildung 1: Abmessungen der Lkw-Parkstände (ERS)

Abbildung 2: Gängige Lkw-Längen (Zusammenfassung)

Für ein effizientes und flächensparendes Parken ist es auch heute nicht möglich, für jedes einzelne Fahrzeug einen geeigneten und geometrisch passenden Parkstand zu bilden, jedoch können in Parkstandsreihen mit unterschiedlich langen Fahrzeugen die zur Verfügung stehenden Längen optimal genutzt werden. Dies geschieht z.B. auf Fähren, um den zur Verfügung stehenden Raum optimal zu nutzen.

Parkreihen bieten Flexibilität für jede vorkommende Fahrzeuglänge und eine entsprechende Aufstellmöglichkeit. Diese Flexibilität ist umso größer, je länger die Parkreihen sind. Fahrzeuglänge plus Zuschlag ergibt immer die Parkreihenlänge eines Fahrzeugs in einer Reihe. Die kürzeste Parkreihe ist die, in der zwei Fahrzeuge hintereinander stehen können, z.B. zwei Sattelzüge von 16,50 m plus zweimal 1,50 m Sicherheitszuschlag, also insgesamt 36 m.

Diese Parkreihenlänge ist z.B. ausreichend, um das vom Autor entwickelte „Koordinierte Lkw-Parken“ oder auch das so genannte „2er-Kolonnenparken“ oder „Kolonnenparken light“ zu praktizieren. Zwei Sattelzüge können hintereinander parken, aber auch drei Solofahrzeuge, ein Gliederzug und ein Solofahrzeug, ein Lang-Lkw (25,25 m) und andere Kombinationen. Ein Vielfaches von 18 m ist immer sinnvoll, da Sattelzüge mit Abstand am häufigsten in der Gruppe vertreten sind.

Moderne, hochpräzise Detektionstechnik, wie z.B. AreaDetection, zur Flächenerfassung in Verbindung mit praxiserprobter Telematiksteuerung (Digitalisierung) garantiert eine optimale Flächennutzung.

Aber die Steuerung einer 2er-Parkreihe kann auch sehr einfach sein, z.B. ganz ohne Steuerung nach dem Prinzip „First In/First Out“, mit und ohne Parkzeitregelung, mit dynamischer Parkzeitregelung für einzelne Reihen oder auch klassisch mit AreaDetection und telematischem Kolonnenparken.

Die Flächenersparnis liegt bei ca. 25 %, die Kapazitätssteigerung auf gleicher Fläche bei über 30 % und damit leicht über der des Rückwärtsparkens. Der Vorteil gegenüber dem Rückwärtsparken liegt zu dem darin, dass in der Regel vorwärts ein- und vorwärts ausgeparkt wird, was die Verkehrssicherheit erhöht, Schäden vermeidet und die Fahraufgebe für den Fahrer vereinfacht und der Parkvorgang schneller macht.

Koordiniertes Lkw-Parken könnte die anhaltende Diskussion um das Rückwärtsparken beenden.

Beispiel einer 2er-Parkreihe

Abbildung 3: Beispiel einer 2er-Parkreihe

3er-, 4er- und ggf. noch längere Parkreihen sind hinsichtlich Flexibilität und Kapazität noch deutlich besser. Sie erfordern aber in jedem Fall einen geregelten Betrieb, z.B. mit telematisch gesteuertem Lkw-Kolonnenparken. Grundlage hierfür ist eine flächenscharfe Echtzeiterfassung mit AreaDetection. Die Kapazitätssteigerung beträgt bis zu 100 %.

Bild 4: Video Kolonnenparken (M+C Lkw-Parksysteme, Telartec, Yunex)

Belegungsdetektion Raststätte Taunusblick

Bild 5: Belegungsdetektion Raststätte Taunusblick 

Die digitale Transformation wird ihre volle Wirkung – auch beim Lkw-Parken – in vielen Fällen erst dann entfalten, wenn wir verstehen, dass auch die Grundlagen, Regeln, Abläufe, Prozesse etc. angepasst, grundlegend anders gedacht werden müssen.

Mit Hilfe der Digitalisierung wird modernes Lkw-Parken in Parkreihen effizient, flächenschonend, kapazitätssteigernd und nachhaltig möglich sein.

Literaturhinweise

Ermittlung und Bewertung der Kosten für telematisch gesteuerte Lkw-Parkvorgänge im Vergleich zum konventionellen Lkw-Parken anhand realisierter Anlagen in Bayern,
Bayerische Staatsbauverwaltung, Zentralstelle Verkehrsmanagement, München, 2022

Allgemeines Rundschreiben Straßenbau Nr. 17/2021,
Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur, Bonn, 2021

Parken auf Rastanlagen mit überlangen Fahrzeugen und Fahrzeugkombinationen, Schriftenreihe der Bundesanstalt für Straßenwesen, Verkehrstechnik, Heft V 296, Bergisch Gladbach, 2017

Auswirkungen neuer Lkw-Konzepte auf die Gestaltung von Verkehrsanlagen,
Alexander Schemmel, Technische Universität Dresden, Institut für Verkehrsplanung und Straßenverkehr, Dresden, 2021

Empfehlungen für Rastanlagen an Straßen, Ausgabe 2011,
ERS, Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen, Köln, 2011

Empfehlungen für Anlagen des ruhenden Verkehrs, Ausgabe 2023,
EAR 23, Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen, Köln, 2023

Literaturhinweise

Ermittlung und Bewertung der Kosten für telematisch gesteuerte Lkw-Parkverfahren im Vergleich zum konventionellen Lkw-Parken anhand von realisierten Anlagen in Bayern, Bayerische Staatsbauverwaltung, Zentralstelle Verkehrsmanagement, München, 2022

Allgemeines Rundschreiben Straßenbau Nr. 17/2021, Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur, Bonn, 2021

Parken auf Rastanlagen mit Fahrzeugen und Fahrzeugkombinationen mit Übergröße, Berichte der Bundesanstalt für Straßenwesen, Verkehrstechnik, Heft V 296, Bergisch Gladbach, 2017

Auswirkungen neuer Lkw-Konzepte auf die Gestaltung von Verkehrsanlagen, Alexander Schemmel, Technische Universität Dresden, Institut für Verkehrsplanung und Straßenverkehr, Dresden, 2021

Empfehlungen für Rastanlagen an Straßen, Ausgabe 2011, ERS, Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen, Köln, 2011

Empfehlungen für Anlagen des ruhenden Verkehrs, Ausgabe 2023, EAR 23, Forschungsgesellschaft für das Straßen- und Verkehrswesen, Köln, 2023

Ein Beitrag zur Verbindlichkeit von Regelwerken, Univ.-Prof. Dr.-Ing. Jürgen Gerlach, mobilogisch!, Zeitschrift Ökologie, Politik & Bewegung, Heft 2/2021

Regelwerk + Augenmaß, Univ.-Prof. Dr.-Ing. Bernhard Friedrich, Straßenverkehrstechnik 7.2023, Bonn, 2023