Ein Leitfaden für die Schaffung von Lkw-Parkplätzen

Kategorie: Ausgangslage

Ausgangssituation

Schon um 2000 war zu erkennen, dass das Lkw-Parken an Autobahnen in Deutschland zu einem Problem wird. Beobachtungen und Untersuchungen haben ergeben, dass bereits damals ein Defizit bestand. Dabei fiel auf, dass während des Tages ausreichend Lkw-Stellplätze vorhanden waren, im Gegenteil sogar viele Stellplätze frei blieben, nachts aber gravierend zu wenig.

Der Grund hierfür liegt in erster Linie in der Lenk- und Ruhezeit-Verordnung, die am Tage Lenkzeitunterbrechungen von 15 Minuten, 30 Minuten oder 45 Minuten vorschreiben. Daraus ergeben sich kurze Belegungszeiten für die vorhandenen Parkstände, so dass früher wie heute ausreichend Stellplätze zur Verfügung stehen.

Nachts betragen die vorgeschriebenen Ruhezeiten mindestens 9 oder 11 Stunden. D.h. die Parkstände sind durch ein parkendes Fahrzeug für diese lange Zeit blockiert. Deshalb reichen die Parkstände nachts bei weitem nicht aus.

Für Pkw gelten keine Lenk- und Ruhezeit-Vorschriften. Längere Aufenthalte, zum Beispiel zum Pausieren oder Tanken können schon einmal eine Stunde und mehr dauern. Meist sind die Aufenthalte aber kürzer, so dass ein größerer Umschlag gewährleistet ist. Nachts wird von Pkw-Fahrern in der Regel nur sehr kurz geparkt.

Der Autor leitete schon damals aus seinen Beobachtungen zwei wesentliche Erkenntnisse ab:

  1. Der bereits vorhandene Parkplatzmangel wird sich zukünftig verschärfen, wenn nicht sofort Gegenmaßnahmen ergriffen werden.
  2. Konventionelle bauliche Maßnahmen allein werden nicht ausreichen. Die vorhandenen Potenziale an Flächen und Infrastruktur müssen effizienter genutzt werden, vorzugsweise durch Mischnutzung und Kolonnenparken (TGL)

Mischnutzung

Selbst am Tage sind die Pkw-Stellplätze seltenst voll ausgenutzt, nachts sind sie nur in geringem Maße belegt. Annähernd voll belegt sind sie eigentlich nur an Hauptreisetagen, wie z.B. an Ostern und an Weihnachten. 

Um eine effizientere Nutzung der Flächen zu erzielen, liegt die Überlegung einer Mischnutzung nahe. Flächen, die am Tag für den Pkw vorgesehen sind, können nachts für den LKW genutzt werden. Was heute faktisch bereits häufig geschieht. Von vorne herein planerisch und betrieblich so vorgesehen, wird die Flächennutzung geordnet und optimiert.

Das folgende Bild zeigt ein gut funktionierendes Beispiel aus der TR Hunsrück West, 2008 vom Autor entwickelt.

Abb. tags/nachts

LKW-Kolonnenparken

Der Lkw-Parkstand hat eine Fläche von ungefähr 80 m². Mit Fahrgassen und sonstigen Erschließungsflächen kann man mit circa 150 bis 200 m² pro Stellplatz rechnen. Der Flächenverbrauch für die Nachtruhe der LKW-Fahrer (über 9 oder 11 Stunden) ist somit gewaltig. Insofern liegt die Überlegung nahe, durch effizientere Nutzung den Flächenverbrauch und damit auch die erforderliche Versiegelung gering zu halten.

Schon aus dem Studium war dem Autor bekannt, dass Kolonnenparken die effizienteste Art der Flächennutzung beim Parken darstellt. Seine Beobachtungen auf Fähren bestätigten dies, weil dort die Flächenausnutzung optimal sein muß.

Beim Kolonnenparken stehen LKW entsprechend ihrer Abfahrtszeit und Länge sortiert in Reihen hintereinander. Die Reihen können kurz oder lang sein. Viele der bisherigen Anlagen sind in 3er- Reihen ausgeführt, die neueren Anlagen tendieren zu vier und mehr, weil dadurch das Potenzial der Park-Reihe und damit der gesamten Parkierungsanlage weiter erhöht wird. Aber auch schon 2er-Reihen machen vielfach Sinn.

Beim Telematisch gesteuerten Lkw-Kolonnenparken (TGL) gibt der Fahrer bei Ankunft an einem Terminal seine gewünschte Parkzeit ein. Das System ermittelt daraus die gewünschte Abfahrtszeit. Die Länge des Fahrzeugs wird vermessen. Das System sucht dann in den Parkreihen einen Stellplatz vorne oder hinter bereits geparkten Fahrzeugen, die früher abfahren, so dass der einparkende LKW bei der Abfahrt nicht behindert wird. Das TGL wurde bereits im Jahre 2003 erfunden.

Das nachfolgende Bild zeigt die voll belegte Anlage Taunusblick.

Abb. Scan-Foto Taunusblick

Zwischenzeitig (2023) sind acht Anlagen in Betrieb ( Dänemark (Ustrub Ost), Hamburg (Moorfleet), Kassel (Lohfeldener Rüssel), Luxemburg (Aire de Berchem), Kiefersfelden (Inntal West), Frankfurt (Taunusblick), TR Montabaur, Autohof Dorfmark. Der Kapazitätsgewinn liegt bei etwa 90 %.

Zwei weitere Anlagen sind im Bau. Bei allen hat der Autor zumindest in der Vorplanung mitgewirkt und verfügt so über weitreichende Kenntnisse und praktische Erfahrung.

Der guten Ordnung halber sei erwähnt, dass die BASt im Jahre 2011 ein abgewandeltes Steuerungsverfahren für das Kolonnenparken (Parken in Reihen) entworfen hat, Telematisch gesteuertes Kompaktparken genannt, was bisher aber nur auf einer Anlage eingesetzt ist.

Unabhängig vom Namen (Kolonnenparken oder Kompaktparken) ist das Parken in Reihen in der Regel günstiger als das Parken in starren, rechteckig abgegrenzten Parkständen, weil die Reihen aufgrund der variierenden tatsächlichen Fahrzeuglängen flexibel und optimiert gefüllt werden können. Die unbehinderte Ausfahrt kann durch entsprechende Steuerung/Führung/Regelung sichergestellt werden.

Hierzu können einfache Markierung und Beschilderung oder manuelle Organisation ebenso dienen wie bis ins Detail ausgearbeitete und ausgefeilte vollautomatische technische Lösungen.

Stand der Technik und Regelwerk

Moderne digitale Lkw-Parkverfahren stehen nicht im Widerspruch zur ERS

Das bestehende Regelwerk, die Empfehlungen für Rastanlagen an Straßen (ERS), spiegelt nicht den aktuellen Wissensstand und den Stand der Technik im Hinblick auf Digitalisierung, Telematische Parkverfahren, Detektion und andere technologische Entwicklungen wieder.

Es besteht dringender Handlungsbedarf für eine Fortschreibung. Der AK Rastanlagen der Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen (FGSV) ist sich zur Zeit (2023) neu am Finden. Nach Jahren der Vakanz ist jetzt zwar wieder eine neue Leitung vorhanden. Kurzfristig werden aber von Insidern noch keine die Praxis unterstützende Ergebnisse erwartet.

Viele nach wie vor richtige Anforderungen, Vorgaben, Standards und Regelfälle dürfen nicht davon abhalten, das Regelwerk kritisch zu hinterfragen und an die modernen Entwicklungen in Bezug auf Technologie, Betriebsformen, Infrastruktur- und Nutzeranforderungen anzupassen. Häufig dienen sie in unserer Technokratie als Schild zur Abwehr von Veränderungen. Damit muß Schluß sein.

Tatsächlich öffnet die ERS selbst in Abschnitt 9.2 Parkraummanagement den Rahmen für neue, moderne Lösungsansätze, hier heißt es:

„Zur besseren Ausnutzung des vorhandenen Parkraums können sowohl planerische Lösungen für eine effektivere Aufstellung der Fahrzeuge (zum Beispiel Mischnutzung von Parkständen, Fahrzeugaufstellung für LKW mit gefangenen Parkständen) als auch telematikgestützte Lösungen (zum Beispiel Information über freie Kapazitäten für Lkw) zur Anwendung kommen.

Ob und inwieweit diese Systeme künftig vermehrt eingesetzt werden, wird maßgebend von den Ergebnissen derzeit laufende Pilotprojekte abhängen.“

Eine Vielzahl solcher Pilotprojekte sind zwischenzeitlich abgeschlossen, ohne eine entsprechende Berücksichtigung im Regelwerkes. Zum Beispiel sind insgesamt zehn Projekte „Telematisches Lkw-Parken“ bereits im Normalbetrieb, konkrete diesbezügliche Hinweise im deutschen Regelwerk und Empfehlungen für Standortkonzepte, Entwürfe, Gestaltung und Ausstattung fehlen aber.

Von den Allgemeinen Rundschreiben Straßenbau des BMDV (ARS) beziehen sich ARS 17/2021, das Rundschreiben vom 13.7.2017, ARS 07/2019 und das Rundschreiben vom 24.5.2017 auf die Lkw-Parksituation auf Rastanlagen. Zum einen wird auf technische Randbedingungen hingewiesen, die beim Einsatz telematischer Parkverfahren zu beachten sind, weiterhin wird Bezug genommen auf die Wirtschaftlichkeitsbewertung und darauf, dass der Einsatz von telematischen Parkverfahren oftmals örtlich angepasste Individuallösungen bedingen und deshalb alle Entwürfe mit telematischen Parkverfahren dem Bundesverkehrsministerium (jetzt BMDV) zur Abstimmung vorzulegen sind.

Aus Sicht des Autors eine zwar gut gemeinte, aber letztendlich doch nur weitere bürokratische Hürde, die die Sache nicht voran bringt. Denn es fehlt in diesem Kontext vor allem an einer fachlichen Kompetenz, die in der Lage ist, die Situation vor Ort praxisgerecht einzuschätzen, die neuen, innovativen Erkenntnisse, die dynamische technologische Entwicklung, die an praktischen Beispielen gewonnenen Erfahrungen zusammen zu tragen, den Stand der Technik permanent fortzuschreiben, die entsprechenden Regeln zu empfehlen.

Die ERS bietet schon jetzt im Hinblick auf die bessere Ausnutzung des vorhandenen Parkraumes für alle Akteure, insbesondere die handelnden Planerinnen und Planer, ausreichend Spielraum, verantwortungsvolle, sichere, nachhaltige Planungen für digitale Lkw-Parkverfahren zu verfolgen.